Oft kommen trächtige Weibchen in unsere Station, die durch Baumfällungen zu Schaden gekommen sind. Ihre Babys bekommen sie dann in Gefangenschaft. Da die Tiere nicht ihr natürliches Futter zur Verfügung haben, müssen sowohl die stillenden Mütter, als auch die Babys mit Esbilac zugefüttert werden. Gleiches gilt für Waisenbabys, wobei hier das Fütterungsintervall deutlich kürzer sein muss.
Müssen in Gefangenschaft geborene Babys oder Waisenbabys ihr Leben lang in Gefangenschaft bleiben? NEIN! Das müssen sie nicht, denn Babys des Große Abendseglers werden in der Schweiz bereits seit vielen Jahren in einer bewährten Methode nach Jürgen Gebhard ausgewildert. Wir haben es 2012 erstmals versucht und es hat geklappt! Sogar bis zu 4 Jahre alte Jungtiere wurden erfolgreich ausgewildert.
- Die Jungtiere werden über viele Tage im Fliegen trainiert. Nur wer über mehrere Tage gut, schnell und ausdauernd fliegen kann, kommt in die Auswilderungsgruppe. Die anderen werden weiter und weiter trainiert, bis sie es in die Auswilderungsgruppe schaffen. Bei unserer Methode sind alle Tiere sind bereits an Mehlwürmer gewöhnt und können aus dem Napf fressen und trinken.
- Die Jungtiere werden markiert (Nagellack an den Krällchen). NIEMALS Jungtiere beringen, durch das nicht abgeschlossene Wachstum kommt es zu schwerwiegenden Verletzungen der Flughäute! (Hinweis: Auch bei Alttieren sollte auf Beringung verzichtet werden, da die Ringe Verletzungen an Flughäuten verursachen können!)
- Die Jungtiere werden tagsüber in einer möglichst großen Gruppe in einen Kasten (Foto) gesetzt. Darunter platziert man einen oder mehrere geschlossene Kästen, dessen eine Seite mit Gaze 1 mm Masche vergittert ist, mit möglichst vielen Abendseglerpatienten – idealerweise sind es die noch nicht genesenen Mütter. Die Abendsegler in dem geschlossenen Kasten locken durch ihre Rufe die Babys wieder zurück zur Station und zeigen ihnen akustisch den Weg. WICHTIG! Die Abendsegler in den geschlossenen Kästen müssen vorher und nachher ausreichend Bewegung bekommen, je nach Verletzungsmuster so viel wie es ihnen möglich ist. Der Heilungsprozess dieser Tiere darf nicht beeinträchtigt werden! Die Tiere müssen in dem Kasten ausreichend Platz und ein Versteck haben, und mit Futter und Wasser versorgt werden. Es dürfen nur Tiere zusammengesetzt werden, die nicht untereinander bissig sind. Schon nach wenigen Nächten kennen die Jungtiere den Weg zurück und die Lockkästen sind nicht mehr erforderlich!
- Bitte verändern Sie niemals die Beleuchtung in der Umgebung der Station. Nach unseren Beobachtungen dient sie als wichtige Orientierung für die Jungtiere!
- In dem Auswilderungskasten werden die Tiere ebenfalls mit Futter und Wasser versorgt.
- Dann geht es los! Die Jungtiere beginnen bei Einbruch der Dämmerung neugierig aus dem Kasten zu schauen. Dann endlich wagt sich der erste hinaus und fliegt in die Nacht. Die ersten 8 bis 14 Tage erkunden die Jungtiere ihre Umgebung und beginnen mit den ersten Jagdversuchen. Hungrig kehren sie in die Auswilderungsstation zurück und futtern die Mehlwürmer auf. Futter und Wasser muss in der Station immer ausreichend vorhanden sein.
- Nach und nach werden immer weniger Mehlwürmer gefressen und die Jagd der Tiere wird immer erfolgreicher.
- Bald werden die Tiere in die Nacht verschwinden – für immer? Manchmal kehren sie nach Tagen oder sogar Wochen wieder für ein oder zwei Nächte zurück. Manche haben Freunde gefunden und bringen sie mit. Dann verschwinden sie wieder, denn sie sind nun wild und frei und können selbst entscheiden, wo sie leben möchten. Wichtig ist, dass das Quartier und eine Notration Mehlwürmer und Wasser immer in der Station vorhanden sind, damit die Tiere im Notfall einen Anlaufpunkt haben. Wir lassen unsere Station auch den Winter über geöffnet. Falls ein Jungtier keine ausreichende Überwinterungsmöglichkeit findet, kann es an den bekannten Ort zurückkehren. Nach unserer Erfahrung in unserer ersten Babys-Auswilderungssaison ist, dass die Tiere ab und zu vorbeikommen und ein oder zwei Nächte bleiben, dann wieder für Wochen verschwinden. Dies ist auch eine gute Möglichkeit für uns zu sehen, dass die Methode erfolgreich ist und die Tiere sowohl jagen können als, auch im Kontakt mit wilden Abendseglern zurechtkommen.